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– Vielleicht zählt Unsereins zum alten Eisen,
Vielleicht soll morgen schon Verschrottung sein,
Vielleicht schlägt Unsereins die letzten Schneisen
Und drängt sich einmal noch ins Leben rein.
Ich war zum letzten Mal vor tausend Jahren
Verliebt in eine längst vergessne Frau,
Ich weiß nicht mehr, ob wir im Himmel waren,
Wir wollten hin, das weiß ich noch genau.
Ich bin kein Mann von Welt und von Erfahrung,
Ich geh tagaus tagein im gleichen Hemd,
Und alle Wunder einstiger Behaarung
Hat mir die Zeit für immer weggekämmt.
Ich denke gern an jene Glücksmomente,
Da ich noch sagen konnte: Fünfzig – und?
Es geht dein Geist noch lange nicht in Rente,
Du brauchst noch lange keinen Ausgehhund!
Jetzt, da die Siebzig angefangen haben,
Nehm ich den Hund als gottgegeben an
Und lass mich gerne mit dem Hund begraben,
Wenn ich mich einmal noch verlieben kann.
Sonetto siciliano
– Ich habe eine Liebste auf Sizilien,
(vielleicht, ich weiß es aber nicht genau),
Ich denk sie mir als zeitentrückte Frau
Inmitten sizilianischer Fossilien:
Da steht ein Krug und vor dem Krug, verführend,
Hockt meine Liebste, schön und fossiliert,
Oft bin ich schon um sie herumstolziert,
Den Mann betonend und Verlangen schürend
Und hoffend, dass sie sich nach mir verzehre;
So, wie auch mich die Gier nach ihr zerquält,
Wenn sie sich manchmal aus Vergangnem schält,
Gedanklich – nackt die Gegenwarten sucht,
Auf Sizilianisch einen Lustfluch flucht
Und unversehens türmt. Ins Ungefähre
Und zieht mich wie ein Spielzeug hinterher …
(Wenn das nicht typisch sizilianisch wär!)
Auch der Schönste kommt ins Alter
Und die Pfirsichhaut wird rau,
Aus dem buntgemalten Falter
Wird ein reifer Mann in Grau,
Auch der Schönste kriegt mal Runzeln,
Und die Backen knittern ein,
Und das patentierte Schmunzeln
Passt nicht mehr wie früher rein.
Als die Fünfzig näher kamen,
Hat er Vierzig draus gedreht,
Allen sturmerprobten Damen,
Die es gern zur Kenntnis nahmen,
Hat‘s den Atem weggeweht.
Damals stand er in der Blüte,
Heute steht er gut im Most.
Siebzig Jahre, Gott behüte,
Und gedankt sei‘s seiner Güte,
Sind noch lange nicht der Rost.
Frühlingsschönheit, ach, die blättert ab,
Mancher Schöne klettert früh ins Grab,
Mancher andre reift ganz wunderbar,
Siebzig Jahre färbt ihm der Herbst ins Haar.
Siebzig Jahre sind die Fülle,
Man beneidet ihn darum,
Um die ausgereifte Hülle,
Um den Glanz der Herbstidylle
Und den Buckel voller Zeit,
Siebzig Jahre sind das Ende
Vor dem Anfang
Einer Abendsonnenwende
Mit dem Blick auf ferne Strände
Und dem Schub zur Ewigkeit.
Auch der Schönste kommt ins Alter
Und die Pfirsichhaut wird rau,
Aus dem buntgemalten Falter
Wird ein reifer Mann in Grau,
Auch der Schönste wird mal Engel,
In die Hölle kommt er nicht.
Und im himmlischen Gedrängel
Leuchtet ihm ein Extralicht.