Gespenstergeplänkel
Verschwitzt hast du in meinem Bett gelegen,
Und neben dir lag eine Eintrittskarte,
Ich sah dich links den dicken Zeh bewegen,
Worauf der alte Fensterladen knarrte,

Sich langsam öffnete und offen blieb,
Dein Schatten huschte wehend aus dem Fenster
Und rief zurück: «Huhu, ich hab dich lieb!»
«Ich liebe, wenn es sein muss, auch Gespenster»,

Gab ich dir zu verstehen, «aber ja,
Vor allem die, wie du, mit Eintrittskarte!»
Da war das Ding besprochen und geschah.
(Wobei der alte Fensterladen knarrte.)


Roxane

Swing-Spiel für einen Schauspieler und einen Pianisten

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Roxane, meine Schöne, du, ich konnte
Nicht länger warten,
Du, ich flieg schon mal voraus,
Gestern Abend warst du alles,
Warst die Sehnsucht, warst die Zeit …
 
Hinter allen Zeiten warst du,
Und beim Wolkenschieben warst du
Aller Unsinn, alle Schönheit,
Du, ich fliege eine Acht …
 
Unter mir schwimmt eine Insel,
Flieg ich weiter, flieg ich tiefer?
Alle Farben seh ich unten,
Farben, die ich noch nicht kenne …

 Ach, Roxane, meine Schöne,
Seh ich dich da unten wedeln
Mit den Händen, meine Schöne?
Du, ich fliege erst mal weiter,
Immer weiter, immer weiter ….

Irgendwo lass ich mich tief und tiefer fallen,
Und dann lieg ich zwischen Muschelkalk und Quallen …

Irgendwo malt mir die Sonne einen Fleck
In den Sand, dort bleib ich, oder ich lauf weg …
 
Irgendwo bin ich vielleicht nach links gebogen,
Oder hab mich an Lianen hochgezogen …

Irgendwo erwartet mich ein Inselstück,
Und dort sitz ich dann eventuell im Glück …


Vielleicht

Swing-Spiel für einen Schauspieler und einen Pianisten

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 – Vielleicht zählt Unsereins zum alten Eisen,

Vielleicht soll morgen schon Verschrottung sein,

Vielleicht schlägt Unsereins die letzten Schneisen

Und drängt sich einmal noch ins Leben rein.


Ich war zum letzten Mal vor tausend Jahren

Verliebt in eine längst vergessne Frau,

Ich weiß nicht mehr, ob wir im Himmel waren,

Wir wollten hin, das weiß ich noch genau.


Ich bin kein Mann von Welt und von Erfahrung,

Ich geh tagaus tagein im gleichen Hemd,

Und alle Wunder einstiger Behaarung

Hat mir die Zeit für immer weggekämmt.


Ich denke gern an jene Glücksmomente,

Da ich noch sagen konnte: Fünfzig – und?

Es geht dein Geist noch lange nicht in Rente,

Du brauchst noch lange keinen Ausgehhund!


Jetzt, da die Siebzig angefangen haben,

Nehm ich den Hund als gottgegeben an

Und lass mich gerne mit dem Hund begraben,

Wenn ich mich einmal noch verlieben kann.

 


He, Frau mit Spleen!

Swing-Spiel für einen Schauspieler und einen Pianisten

He, Frau mit Spleen! Bist du vorausgeflogen,
Gerade eben im Gedankenflug,
Gleich hinterm Bahnhof bist du abgebogen,
Als hinter dir die Bahnhofsuhr – dreizehn schlug.

He, Frau mit Spleen! Ich seh uns beide fliegen,
Wir treffen uns demnächst an einem Baum,
Du bist dann schon mal auf den Baum gestiegen,
Wer weiß: Der Baum gehört vielleicht zu einem Traum.

He, Frau mit Spleen! Dort in die Ferne blickend,
Sitzt du und fragst dich, wie krieg ichs hin,
Den Mann mit Spleen, an seinem Traume strickend,
Mit List als Träumenden in meinen Traum zu ziehn.

He, Frau mit Spleen! Uns trennen viele Welten,
Doch in der Träumerei wärn wir ein Knüllerpaar,
Wir könnten insofern als Traumpaar gelten,
Das nicht nur eine Zwischenzeitbekanntschaft war.

 



Sonetto siciliano


 – Ich habe eine Liebste auf Sizilien,

(vielleicht, ich weiß es aber nicht genau),

Ich denk sie mir als zeitentrückte Frau

Inmitten sizilianischer Fossilien:


Da steht ein Krug und vor dem Krug, verführend,

Hockt meine Liebste, schön und fossiliert,

Oft bin ich schon um sie herumstolziert,

Den Mann betonend und Verlangen schürend


Und hoffend, dass sie sich nach mir verzehre;

So, wie auch mich die Gier nach ihr zerquält,

Wenn sie sich manchmal aus Vergangnem schält,


Gedanklich – nackt die Gegenwarten sucht,

Auf Sizilianisch einen Lustfluch flucht

Und unversehens türmt. Ins Ungefähre


Und zieht mich wie ein Spielzeug hinterher …

(Wenn das nicht typisch sizilianisch wär!)

 


  

Kuhgedanke 


– Auf der Alm ein Mädchen lächelt,
Und ihr Mädchenlächeln fächelt
Einer jungfräulichen Kuh
Einen Kuhgedanken zu:

Wenn ich auch so lächeln täte,
– denkt die Kuh – und es beträte
Just ein Stier die Alm und säh es,
Lieber Kuhgott, dann geschäh es!


   


Ich wollte auch mal ein Sonett schreiben

Was schenk ich meiner Gerda bloß zu Ostern,
Sie hätt so gern ein rosa Fahrradschloss?
Sie schenkt mir ihren Po auf rosa Postern,
Die sie beim Selfen in der Dusche schoss

Aus super Perspektive ganz in rosa,
Als es grad rosa aus der Dusche floss,
Und weil den Po kein Mensch bis heute so sah,
Wie sich darauf die Rosaflut ergoss,

Hat ihn die Gerda zum Geschenk erkoren,
Weil sie zu Ostern gern was Buntes schenkt.
Ich schenk ihr rosa Schützer für die Ohren,

Die sie als Muschelwärmer drüberhängt,
Denn Fahrradschlösser gibts nur lilagräulich
Und nicht, wie‘s fast gepasst hätt, lilabläulich.